Pfarre und Patrozinium
Die Pfarrkirche St. Veit bildet seit dem Mittelalter den kirchlichen Mittelpunkt des heutigen Bezirkes Andritz. Dieser 12. Stadtbezirk besteht aus den Ortsteilen Ober- und Unterandritz (1266 Ober- und Unter-Endricz genannt), St. Veit am Aigen, Neustift (1202 genannt), Weinitzen, St. Gotthard und Weinzödl (1319 genannt). Zum heutigen Pfarrgebiet Graz-St. Veit gehören neben diesen Ortsteilen noch die Gemeinde Stattegg (mit den Ortsteilen Rannach, Leber, Steingraben, Buch, Kalkleiten, Hohenberg, Zösenberg, Ursprung, Eichberg, Mühl, Hub und Hochgreit) sowie ein Teil der Gemeinden Weinitzen und Gratkorn (Pailgraben). Unterandritz hingegen gehört zur 1961 neu gegründeten Pfarre „Zur Heiligen Familie" in Andritz.
Der ehemalige Kirchweiler St. Veit am Aigen (die Bezeichnung „Aigen" bedeutet ein freies Eigentum; die Kirche war ursprünglich eine herrschaftliche Eigenkirche) liegt in jenem slawischen Siedlungsgebiet, das sich nördlich von Graz nach 600 situierte. An die slawische Besiedelung erinnern noch die Namen Andritz (Endricz), Freßnitz, Weinitzen und Gabriach. Das Patronat des hl. Veit erscheint oft an Orten, die ursprünglich einen slawischen Namen aufwiesen, so auch bei St. Veit am Aigen, wo erst 1911 der alte Ortsname „Gabriach" durch die patroziniale Bezeichnung „St. Veit ob Graz" ersetzt wurde. Dass sich an der Stelle, wo sich heute die Pfarrkirche erhebt, eine Kultstätte für den slawischen Lichtgott „Sventovid" (Svantewit") befunden haben mag, lässt sich nur vermuten.
Zur Ortsgeschichte
Nachdem bereits 860 einzelne Grundschenkungen des fränkischen Königs an das Erzbistum Salzburg erfolgt waren, gelangte um 1020 der Grazer Boden durch Schenkung des deutschen Königs an Pfalzgraf Hartwig. Dieses große, weitgehend geschlossene Herrschaftsgebiet, das im Norden bis etwa an die Teichalm reichte, zerfiel sehr rasch im Zuge der aribonischen Erbteilungen in kleinere
Herrschaftskomplexe hochfreier Herren. In der Folge übten im Raum Andritz die Herren von der Traisen, ein Wulfing von Stubenberg sowie seit Ende des 12. Jahrhunderts das bedeutende Geschlecht der Stadecker (1192 wird ein Rudolf „de Stadekke" genannt) Herrschaftsrechte aus. Die Burg der Stadecker, deren Mauerreste noch neben der „Josef-Krainer-Schule" in Weinitzen feststellbar sind, wurde das herrschaftliche Zentrum; mit der Grundherrschaft war auch das Vogteirecht über die ehemalige Eigenkirche und den Pfarrhof St. Veit verbunden. 1404 gelangte die Vogteiherrschaft an die Grafen Montfort, 1463 an Graf Ulrich von Schaunburg, 1512 an den Landesfürsten, 1622 an die Fürsten von Eggenberg; von 1707 bis 1848 hatten die Grafen von Attems die Vogteirechte inne.
Baugeschichte der Kirche
Vorgängerbauten
Das ehemalige Reichsgut Stadeck übte bis 1404 die Vogtei über Kirche und Pfarrhof von St. Veit aus, was die Annahme eines eigenkirchlichen Ursprungs untermauert. Auch die urkundliche Nennung von Pfarrern bereits im 13. Jahrhundert verweist auf eine ursprüngliche Eigenkirche, die später die Tochterpfarre (Vikariat) der Grazer Agydiuskirche (heute Domkirche) wurde. Der Bestand eines romanischen Kirchenbaus ist sicher spätestens ab dem ersten 1. Viertel des 13. Jahrhunderts anzunehmen. In einer von Rudolf und Hans von Stadeck 1373 getätigten Dotation wird ein „Lettner", die Abschlussmauer zwischen Chor und Langhaus, erwähnt, der in Urkunden von 1380 und 1385 nochmals aufscheint.
Vermutlich bestand damals bereits ein gotischer Neubau mit dem spitzhelmbekrönten Westturm, wie er auf dem Kupferstich Wenzel Hollars mit der Ansicht von Graz (um 1635) zu erkennen ist.
Wie das Visitationsprotokoll von 1617 überliefert, besaß die gotische Kirche außer dem „Lettner" auch ein Sakramentshäuschen und einen Flügelaltar. Nach Kohlbach könnte das in der Andritzer Wallfahrtskirche zum hl. Ulrich zu Ulrichsbrunn befindliche geschnitzte „Vesperbild" (um 1510/1515) aus der St. Veiter Kirche stammen.
Der barocke Kirchenbau
Unter dem von 1657 bis 1696 wirkenden Pfarrer Johann Baptist Abbt kam es um 1657 zum Neubau der Kirche, die 1662 geweiht wurde. Als Baumeister wird der aus Roveredo in Graubünden stammende Hofbaumeister des Stiftes St. Lambrecht, DOMENICO SCIASSIA, angenommen, der 1679 in Graz verstorben ist. Diese Annahme lässt sich sowohl archivalisch als auch stilkritisch untermauern. Außerdem befand sich die Pfarre St. Veit auf stiftischem Besitz, auf dem Abt Benedikt Pierin durch Domenico Sciassia das in der Nähe gelegene Schloss St. Gotthard und dessen Kirche (1808 demoliert) ab 1654 neu errichten ließ. Eine Kontaktaufnahme Sciassias mit dem Pfarrer von St. Veit ist daher über Empfehlung des St. Lambrechter Abtes sehr wahrscheinlich.
Von der Erstausstattung des barocken Neubaus ist urkundlich nichts überliefert. Der bestehende Hochaltar wurde um 1685 von Fürst Johann Seyfried von Eggenberg, der die Vogteirechte über St. Veit ausübte, gestiftet. Im Jahr 1732 weihte Bischof Jakob Ernst Graf Liechtenstein vier Altäre. 1745 wurden der später aufgelöste Barbara-Altar und um 1786 der Kreuz- und der Marien-Altar neu errichtet. 1770 erfolgte die Aufstellung eines neuen Kirchengestühls; 1782 wurde eine Orgel vom Grazer Orgelbauer Franz Schwarz geliefert.
Veränderungen im 19. und 20. Jahrhundert
In den Jahren 1881/1882 wurde ein neuer Dachstuhl errichtet, wobei die Langhauswände erhöht wurden; gleichzeitig erfolgten Veränderungen am Außenbau durch die Anbringung von Pilastern, eines neuen Kranzgesimses und von Dreiecksgiebeln am Querhaus. 1884 wurde das Kirchengewölbe mit Fresken nach dem Entwurf des Grazer Architekten AUGUST ORTWEIN (1836-1900) ausgestattet, die Ausführung erfolgte durch die Firma Konrad & Schwonke (zwei „1883" datierte Entwürfe Ortweins befinden sich in der Pfarrkanzlei). 1948 kam es zur Vergrößerung der Musikempore, wobei die mehrfach geschwungene Emporenbrüstung mit einer der Kanzel angeglichenen Stuckmarmor-Dekoration ausgestattet wurde. 1951 erfolgte die Neueindeckung des Turmes; dabei fand man die „Turmurkunde" aus dem Jahr 1713. Um Raum für den „Volksaltar" zu schaffen, wurde 1969 das „Speisgitter" entfernt.
Unter Pfarrer Josef Kurzweil kam es 1972 zur Außen- und 1976 zur Innenrenovierung der Kirche. Die liturgisch bedingte Neuordnung und Neugestaltung von 1976 planten die Architekten Edda Gellner, Karl Raimund Lorenz, Fritz Neuhold und Heimo Widtmann. Der neue„ Volksaltar" aus rotem Marmor wurde in der „Vierung" des Kirchenraumes situiert, die Aufstellung der Kirchenbänke erfolgte konzentrisch in den Seitenarmen, wodurch der zentrale Raumeindruck, bedingt schon durch die Kürze des Langhauses, noch stärker betont wird. 1999 wurden Ambo, Sessio und die Ablage für das Evangelienbuch, entworfen vom Bildhauer und Maler Fred Höfler, neu gestaltet.
Baubeschreibung
Der Außenbau
Die auf einem Ausläufer des Admonter Kogels im Norden von Graz erhöht gelegene St. Veiter Pfarrkirche bildet mit dem ehemaligen Mesnerhaus, dem überdachten Straßenübergang als Verbindung zwischen Kirche und Pfarrhof und den angrenzenden Wirtschaftsgebäuden ein pittoreskes bauliches Ensemble. Die nach Osten orientierte, barocke Wandpfeilerkirche wird durch den Westturm und durch die im Osten vortretenden Seitenarme der Vierung markant akzentuiert. Der viergeschossige, 52 m hohe Westturm ist der älteste erhaltene Baukörper.
Er gehört in seinen drei untersten Geschossen dem spätgotischen Vorgängerbau an, wie es der Kupferstich von Wenzel Hollar noch zeigt. In der Barockzeit erhielt der Turm durch die Aufführung eines vierten Geschosses mit einem Zwiebelhelm sowie durch die geschossweise Gliederung mit Lisenen und Pilastern sein heutiges Erscheinungsbild. Der mit einer Laterne akzentuierte Turmhelm wurde urkundlich vom Grazer Baumeister BARTHOLOMÄUS EBNER und vom Zimmermeister JOHANN GEORG FLEXNER im Jahr 1713 errichtet. Der Außenbau des Langhauses erhielt in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts seine gliedernden architektonischen Akzente durch jochteilende toskanische Pilaster und durch das mehrfach abgestufte Kranzgesims. Während die „geohrten" Sandstein-Portalrahmungen samt Torflügel und Beschlägen aus der barocken Bauzeit stammen, wurden die vermutlich ursprünglich ebenfalls rechteckigen Fensterrahmen aus Sandstein in den Jahren 1871/1872 von der Steinmetzfirma Eduard Grein durch zweibahnige Rundbogenfenster mit Pfostenteilung und darüber liegendem Kreiseinschluss ersetzt. Die Dreieckgiebel der Querarme, die anstelle eines Walmdaches errichtet wurden (vgl. Domenico Sciassias Seitenarme der Sebastianskirche bei Mariazell), und der vergrößerte Dachstuhl entstanden in den Jahren 1881/1882. Diese Veränderungen des 19. Jahrhunderts an der Außenhaut der Kirche lassen diese heute als eher kühl, klassizistisch erscheinen. Als Verlust zu bezeichnen ist das Fehlen der ehemals in der Rundbogennische der Chorwand postierten Statue des Kirchenpatrons.
An der Südostecke zwischen Vierung und Chor befindet sich ein Abgang zu der 1687 unter dem Hochaltar angelegten Gruft. In den gemauerten Schachtgräbern wurden in den Jahren 1687 bis 1782 verstorbene Kirchenpröpste, Bruderschaftsvorsteher und Kirchenwohltäter bestattet. In einer kleineren Gruft unter dem Kreuzaltar ruht u. a. der 1706 verstorbene Pfarrer Johann Baptist Abbt, der als Bauherr der barocken Kirche anzusehen ist.
Der Innenraum
Der Grundriss der Pfarrkirche St. Veit weist die Form eines lateinischen Kreuzes (crux immissa) auf; es ist dies das heilige Zeichen der Erlösung, das Sinnbild des Friedens und der Gotteskraft, mit dem die Kirche alles beginnt, segnet und konsekriert.
Das schmale, vermutlich über den spätgotischen Fundamenten errichtete, dreijochige Langhaus wird von einem weit vorragenden „Querbalken" durchkreuzt und im Osten durch den einjochigen, geraden Chor abgeschlossen. Der westlichste Bereich, über dem sich der breite Turm erhebt und der gegenüber dem Kirchenraum fast völlig abgegrenzt erscheint, weist die älteste, aus der Spätgotik stammende Bausubstanz auf. Die ursprünglich geöffneten, großen Spitzbogentore des Turmes wurden im Zuge des Neubaus vermauert, deren Steingewände in Zusammenhang mit der letzten Restaurierung jedoch wieder freigelegt bzw. kenntlich gemacht. Ebenfalls dem spätgotischen Vorgängerbau gehört das bemerkenswerte Sterngratgewölbe in der Turmhalle an. Das erste Joch des Langhauses wird zur Gänze von der auf zwei toskanischen Säulen errichteten, kreuzgrat- und stichkappengewölbten Orgelempore eingenommen, so dass eher der Eindruck eines zweijochigen Langhauses entsteht.
Die Jocheinteilung erfolgt durch Wandpfeiler, denen Pilaster in toskanischer Ordnung vorgelegt sind und die ein durch Gurten getrenntes Tonnengewölbe mit Stichkappen tragen. Die Vierung, also jener quadratische Raumteil, der aus der Durchdringung von Langhaus und Querhaus entsteht, ist mit einer Flachkuppel überwölbt. Sie bildet mit den um sie gruppierten, stichkappengewölbten Raumteilen der Querarme und des Chores einen zentralraumartigen Baukörper. Diese zentralisierende Tendenz des östlichen Bauteils der Kirche sowie der gerade Chorschluss sind (neben archivalischen Hinweisen) stilkritische Indizien für die Zuweisung der Planung an den St. Lambrechter Stiftsbaumeister Domenico SCIASSIA, vergleichbar dessen Ostteil-Ausführungen an der Wallfahrtskirche von Mariazell (seit 1644) und von St. Sebastian bei Mariazell (gegen Mitte des 17. Jh.s).
Einrichtung
Der Zusammenhang von Einrichtung und Ausstattung dient der Ehre und Verherrlichung Gottes. Der Kirchenraum ist daher mehr als ein museales Kulturdenkmal, er erhält seine „lebendige" Bedeutung erst, wenn in ihm Gottesdienst gefeiert, das Wort Gottes verkündet und Sakramente gespendet werden. Als „himmlischer" Wegweiser für die Gläubigen dienen die Bilder und Figuren der Heiligen, denn in ihrer Verehrung liegt die Bitte, Fürsprache bei Gott einzulegen.
Die künstlerisch qualitätvolle, vom Beginn bis zum Ende des Barocks reichende Ausstattung der St. Veiter Kirche wurde 1976 im Chorbereich durch eine moderne Einrichtung (1976 Altartisch und 1999 Lesepult) kontrastreich erweitert.
Hochaltar
Der Hochaltar aus Holz, marmoriert gefasst und mit korinthischen Säulen versehen, ist eine Stiftung des Fürsten Johann Seyfried von Eggenberg (1644-1713). Mit der Errichtung und Ausstattung des Altars, der aufgrund des Akanthus-Dekors frühestens um 1685 zu datieren ist, beauftragte der Vogtherr zwei an seinem Hof tätige Künstler: den Bildhauer ANDREAS MARX (um 1640-1701), der den Altar-„Riss" und die bildhauerischen Arbeiten lieferte, und den Maler HANS ADAM WEISSENKIRCHER (16461695), der das Altargemälde schuf. Das signierte und „1680" datierte Gemälde mit der Darstellung des Kirchenpatrons - er erleidet sein Martyrium in einem Kessel mit siedendem Öl, dem er jedoch unversehrt entsteigt - ist die früheste gesicherte Arbeit des in der berühmten Werkstatt von Carl Loth in Venedig ausgebildeten und ab 1678 am Eggenberger Hof tätigen Malers.
Andreas Marx schnitzte unter wahrscheinlicher Mitarbeit seines späteren Schwiegersohns JOHANNES GEORG STAMMEL (um 1660-1707; Vater des berühmten Admonter Stiftsbildhauers Josef Stammel) die fast lebensgroßen, ausdrucksvollen Statuen der hll. Sebastian (vielleicht von Stammel) und Rochus
über den „Opfergangportalen" und die auf den Sprenggiebeln lagernden hll. Maria Magdalena mit dem Totenkopf und Barbara mit dem Hostienkelch als Attribute. Die Wahl der beiden Pestheiligen resultierte aus Anlass der in den sechziger und achtziger Jahren des 17. Jahrhunderts vehement ausgebrochenen Seuche, während die hl. Barbara als Schützerin gegen Gewitter, Blitz, Feuer, Fieber, Pest und für eine selige Sterbestunde fungiert und die hl. Maria Magdalena als Patronin der Frauen, der Büßerinnen, aber auch der Weingärtner und Weinhändler gilt. Eine spätere Ergänzung stellen die das Altargemälde „stützenden", knienden Engelsfiguren und die figurale Gruppe der Hl. Dreifaltigkeit im Altarauszug dar. Dieses skulpturale Ensemble ist aus stilistischen Gründen dem Grazer Bildhauer PHILIPP JAKOB STRAUB (1706-1774) zuzuweisen und um 1742/ 1745 zu datieren. Ebenfalls von Straub und aus derselben Zeit stammen die beiden adorierenden Engel am Tabernakel.
Seitenaltäre
Die beiden Seitenaltäre in den Querarmen besitzen einen analogen, mit korinthischen Säulen gegliederten und mit josephinisch-klassizistischem Schnitzdekor (Ziervasen und Zopfdekor) geschmückten Aufbau. Sowohl deren architektonische Konzeption als auch die Schnitzfiguren sind dem Grazer Bildhauer VEIT KÖNIGER (1729-1792), vielleicht mit Beteiligung seiner Mitarbeiter Josef Königer bzw. Josef Pogner, zuzuschreiben und um 1786 zu datieren.
Der im rechten Seitenarm postierte Marienaltar besitzt ein Altargemälde mit der Darstellung der Hl. Familie, das der Tradition nach ebenfalls von HANS ADAM WEISSENKIRCHER gemalt wurde (lt. Bezeichnung von Heinrich Schwach 1901 renoviert).
Als Seitenfiguren fungieren der Erzengel Michael mit dem Flammenschwert der Vertreibung aus dem Paradies und mit der Waage der Gerechtigkeit (er ist der Patron der katholischen Kirche, der Armen Seelen, der Kaufleute, aber auch gegen Unwetter) und der hl. Johannes d. Täufer als Bußprediger in Fellkleidung mit fälschlich ergänztem Attribut (Lanze anstelle des Kreuzstabes). Der Täufer und Wegbereiter Christi wird u. a. als Patron der Bauern, der Gastwirte, der Hirten, Sattler, Schneider, Weber, Winzer und der Haustiere verehrt und auch gegen Hagel, Epilepsie und Kinderkrankheiten angerufen. Im Altarauszug verweisen die von einem Engel und zwei Putti gehaltenen „Leidenswerkzeuge" Kreuz bzw. Hammer und Zange auf die Passion Christi, wodurch auch ein thematischer Bezug zum „Kreuzaltar" vorliegt. Die bemerkenswerte Statue der„ Maria Immaculata ", eine in der Frühbarockzeit formulierte ikonographische Darstellung der auf dem Globus stehenden und die Paradiesesschlange zertretenden, mit einem Sternreif bekrönten Maria, ist in das 1.Viertel des 18. Jahrhunderts zu datieren.
Kreuzaltar, Muttergottes-Statue
Der gegenüber aufgestellte Kreuzaltar weist im Zentrum den gekreuzigten Christus vor der gemalten Landschaftsszenerie der „Schädelstätte" (Golgatha) und der Stadt Jerusalem auf.
Der geschnitzte Corpus mit den überkreuzten, mit einem Nagel angehefteten Füßen (sog. „Dreinageltypus") lässt in der anatomisch realistischen Wiedergabe die akademische Schulung Veit Königers erkennen. Entgegen der ikonographischen Tradition sind Johannes Evangelist zur linken und die Muttergottes zur rechten Seite des Gekreuzigten postiert. Der im Auszug sitzende Engel hält den Leidenskelch Christi als Symbol der Eucharistie
Kanzel
Die mit Stuckmarmor gefasste Kanzel an der Nordostecke des Chorbogens ist aufgrund der formalen Konzeption und des vergoldeten Schnitzdekors, bestehend aus Laub- und Bandelwerkornament, um 1740/1745 zu datieren. Sie erhielt jedoch 1791 durch den Grazer Bildhauer Jakob Peyer (?) zwei das Schalldach schmückende Rokoko-Ziervasen. Die Weißfassung der Bildwerke erfolgte vermutlich gleichzeitig mit jener der Seitenaltarfiguren im Jahr 1843 durch den Vergolder Anton Sagmeister. Wie in einem „Theatrum sacrum" werden durch das figurale Ensemble die Wahrheiten des Glaubens vermittelt: Am Kanzelkorb verweisen vier Putti mit aufgeschlagenen Büchern auf die Evangelien des Matthäus, Markus, Lukas und Johannes; weiters symbolisieren in der Reliefdarstellung die Hl. Schrift das Gotteswort und das brennende Herz die glühende Gottes- und Nächstenliebe. An der Rückwand verkünden zwei die Gesetzestafeln des Moses bzw. das Kreuz haltende Engel die „Zehn Gebote" Gottes bzw. die Erlösung durch den Heiland (sog. „Gesetz- und Gnadendarstellung"). Auf dem Schalldach verehren zwei Engel und Putti das von einem Wolken- und Strahlenkranz eingefasste Dreieck mit dem Tetragramm, den in hebräischen Buchstaben geschriebenen Gottesnamen Jahwe, als Sinnbild der Dreifaltigkeit.
Taufstein und weitere Einrichtung
Von der übrigen Einrichtung ist vor allem der 1976 im Chor aufgestellte spätgotische Taufstein hervorzuheben. Das aus rotem Marmor gemeißelte, oktogonale Taufbecken gehörte ursprünglich dem mittelalterlichen Vorgängerbau an und ist „um 1460/1480" zu datieren. Erwähnenswert ist weiters die ebenfalls vom spätgotischen Kirchenbau stammende, allerdings durch die Aufstellung des Volksaltars und durch die Verfliesung verdeckte Grabplatte des 1484 verstorbenen Pfarrers Caspar Jäger. Für die Kenntnis der einstigen reichen Barockausstattung von Interesse ist die 1732 datierte Altarweihe-Gedenktafel im südlichen Seitenarm. Danach konsekrierte am 18. Mai dieses Jahres Bischof Ernst Graf Liechtenstein mit Assistenz des Stadtpfarrers Kursky vier Altäre. Schließlich ist auf die von Matthäus Mauracher 1907 errichtete Orgel zu verweisen, die einen mit neobarocken Ornamentschnitzereien verzierten Prospekt besitzt. Weiters sind die auf der Emporenbrüstung postierten zwei adorierenden Engel (1. Hälfte 19. Jh.) und der im Turmjoch befindliche, 1976 nach Entwurf von Heimo Widtmann und Fritz Neuhold gefertigte Taufwasserbehälter aus Kupfer zu nennen.
In Verwahrung befinden sich derzeit eine qualitätvolle Statue „Christus an der Geißelsäule" (2. Viertel 18. Jh.), zwei spätbarocke Standkreuze sowie die eindrucksvolle Weihnachtskrippe (um 1900).
Die Gemälde
Von ikonographischem Interesse ist das im Turmjoch befindliche große Ölgemälde mit Darstellungen aus dem Leben des hl. Veit (Vitus).
Die im Visitationsbericht von 1617 genannte, ehemals einem vor (?) dem Lettner postierten Altar angehörende „Bildertafel" zeigt in zwölf Feldern die durch einen Begleittext erklärten Hauptszenen aus der Vita des Kirchenpatrons: Als siebenjähriger Knabe entflieht er mit seinem Erzieher Modestus und der Amme Krescentia seinen noch nicht bekehrten Eltern, lässt sich nicht zum Glaubensabfall zwingen und erleidet, obwohl er den Sohn Kaiser Diocletians von der Besessenheit heilte, zusammen mit seinen beiden Gefährten im Jahr 304 oder 305 das Martyrium. Sein Gedenktag ist der 15. Juni. Aufgrund von stilistischen und paläographischen Untersuchungen ist das Ölbild zeitlich um 1570/1590 anzusetzen. Eine solche umfangreiche szenische Wiedergabe der Lebensgeschichte des hl. Veit ist nur in wenigen Beispielen in Österreich und Deutschland aus dem Mittelalter bekannt (z. B. Flügelaltar in Morzg-Salzburg, um 1480; ehem. Hochaltar der St.Veitskirche in Nürnberg, 1487) und stellt daher sowohl ein religionsgeschichtliches als auch kulturhistorisches Unikat dar. Der Kult des aus Sizilien stammenden hl. Veit (lat. Vitus, d. h. der Lebenskräftige) breitete sich seit dem 8. Jahrhundert, ausgehend von Frankreich über ganz Europa aus, wobei sich als wichtige kultische Zentren St. Denis bei Paris (bereits 775 gelangten Reliquien hierher), Corvey und Prag ausbildeten. Seine große volkstümliche Verehrung erfuhr der Heilige besonders im Mittelalter und der Barockzeit. Der Heilige gehört den vierzehn Nothelfem an und wird als Schutzpatron gegen Krankheiten bei Mensch und Tier, insbesondere bei Epilepsie und dem sog. „Veitstanz" (Chorea, Muskelkrämpfe), gegen Unwetter, Unfruchtbarkeit sowie für eine gute Aussaat und Ernte angerufen.
Bemerkenswert ist auch das großformatige, um 1660/1670 zu datierende, vermutlich vom ersten Marienaltar stammende Gemälde mit der Darstellung der Hl. Familie, das von einem analogen Akanthus-Schnitzrahmen wie das Hochaltarbild eingefasst wird.
Das Ölbild stellt die modifizierte Wiedergabe der unter der volkstümlichen Bezeichnung „Heiliger Wandel" bekannten ikonographischen Formulierung dar. Es handelt sich hier um ein Thema aus der Kindheitsgeschichte Christi, in der die Rückkehr der Hl. Familie mit dem siebenjährigen Jesusknaben aus Agypten dargestellt ist. Durch die Einbeziehung von Gottvater und der Hl.-Geist-Taube ergibt sich bei einer Lesung der mittleren Vertikale die Anordnung der göttlichen Dreifaltigkeit („trinitas increata"), bei einer waagrechten Sehweise, in der Abfolge Maria, Jesuskind und Joseph, die irdische Dreifaltigkeit („trinitas terrestris"). In dieser durch eine zweimalige Dreiersymbolik ausgezeichneten Bildformulierung war für die Gläubigen die Vorstellung einer besonders wirksamen Heiligkeit gegeben.
Das gegenüber der Kanzel befindliche Ölbild mit der Wiedergabe der „Maria Immaculata", einer ikonographischen Neuschöpfung der Gegenreformation, die zum beherrschenden Marienthema des Barock in den katholischen Landen wurde, entstand im 1. Viertel des 18. Jahrhunderts. Die Abendmahl-Szene mit dem Biedermeier-Ochsenaugenrahmen wurde im 3. Viertel des 18. Jahrhunderts gemalt, während die vierzehn qualitätvollen „Kreuzwegstationen" um 1785 zu datieren sind.
Die ikonographische Wiedergabe dieser vierzehn Passionsszenen entspricht dem vom Franziskanerorden 1686 festgelegten Passionszyklus (sog. Franziskaner-Kreuzweg), der bis 1786 zur Darstellung kam, danach von Kaiser Joseph II. verboten wurde und erst am Anfang des 19. Jahrhunderts bildlich wieder aufgegriffen wurde.
Kirchhof und Friedhof
Der Ostabschluss des Kirchhofareals erfolgt durch das Bauensemble von Straßenübergang und Mesnerhaus, das funktionell als Zugang zu der taborartigen Kirchenanlage dient. Ältester Bestand des Friedhofs ist die um 1808 aus dem Abbruchmaterial der St. Gottharder Schlosskirche erbaute Friedhofskapelle. Dieser kleine Rechteckbau weist eine Apsis, Rundbogenfenster und eine Pilastergliederung mit korinthisierenden Kapitellen auf. Der schmiedeeiserne Gitterflügel aus dem 3. Viertel des 17. Jahrhunderts stammt ebenfalls von der St.Gotthardkirche. In der Apsisnische befindet sich eine aus Sandstein gemeisselte „Pieta-Gruppe" (2. Hälfte 19. Jh.), der die ikonographische Formulierung des mittelalterlichen „Vesperbildes" zugrunde liegt.
Es ist dies ein im klösterlichen Bereich ausgebildeter Andachtsbildtypus, in dem die sitzende Maria den über ihren Beinen gelagerten Leichnam Christi beweint. Im Norden der Kirche ist ein spätbarocker Kruzifixus mit einer vor dem Kreuz postierten Sandsteinfigur der Schmerzhaften Maria (um 1870, Jakob Gschiel? aufgestellt. Davor liegt die Grabstätte des 1861 verstorbenen Pfarrers Peter Gollmann mit einer gusseisernen Grabplatte. An der Südwand der Kirche erinnern einige schlichte Epitaphien aus der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts an Wohltäter der Kirche und das 1988 von Alfred Schlosser (geb. 1929 in Kowald b. Voitsberg) errichtete, mit Reliefs der Fußwaschung Petri und der Mariazeller Gnadenmadonna geschmückte Grabdenkmal mit der davor postierten Lichtsäule an die Pfarrer von St. Veit. Südlich der Kirche befindet sich das Grab des Tondichters und Freundes von Franz Schubert, Anselm Hüttenbrenner (1794-1868).
Der alte Friedhof wurde 1893 erweitert, neuerliche Vergrößerungen des Friedhofareals erfolgten um 1970 und 1983. Die neue, nach Plänen von Erich Gruber und Werner Pölzl erbaute Aufbahrungshalle wurde 1990 eröffnet. Beeindruckend sind im Inneren die Glasgemälde „Tanzender Christus" von JOSEF FINK (1941-2000) sowie ein als Hängeplastik verwendeter spätbarocker Christuscorpus. Dieser überlebensgroß geschnitzte, ehemals im Friedhofsareal befindliche Corpus ist aus stilkritischen Gründen PHILIPP JAKOB STRAUB zuzuschreiben und um 1750 zu datieren.
An der Straßenseite der Kirchhofmauer wurde 1964 ein Kriegerdenkmal für die Opfer des Ersten und Zweiten Weltkrieges errichtet. In diesem Zusammenhang wurden das ursprünglich an der Kirchensüdwand 1922 angebrachte Erinnerungsmal für die Opfer des Ersten Weltkrieges mit dem von WILHELM GÖSSER (1881-1966) gemeißelten Sandsteinrelief „Gefallener Soldat und Christus" sowie die seit 1908 an diesem Standort befindliche Gedenktafel zum 60-jährigen Regierungsjubiläum Kaiser Franz Josefs I. miteinbezogen. Den Mosaikschmuck schuf der Bildhauer August Raidl.
Der Pfarrhof
Die Gebäudegruppe von Pfarrhof, „Presshaus" und Wirtschaftsgebäuden bildet mit dem 1778 errichteten, die Straße überquerenden und in dreiachsigen Arkaden geöffneten Übergang sowie mit dem gleichzeitig neu erbauten „Mesnerhaus" ein malerisches, den alten „Dorfplatz" einfassendes architektonisches Ensemble.
Der zweigeschossige, über einem hakenförmigen Grundriss aufgeführte, mit einem Schopfwalmdach und Schleppgaupen ausgestattete Pfarrhof (St.-Veiter-Straße 86) stammt lt. Datierungshinweis (Steintafel rechts neben dem Portal) in seinem ältesten Bauteil aus dem Jahr 1457.
Unter den Pfarrern Johann B. Abbt und Gerardus Rietmüller kam es im 3. Viertel des 17. Jahrhunderts bzw. um 1778 (eine Datierung „1778" befand sich nach Janisch ehemals über dem Eingangsportal) zu Umbauten; weitere Umbauarbeiten erfolgten 1861 sowie 1975. Die dekorative, durch Putzzier akzentuierte Fassaden- und Portalgestaltung entstand um 1777/1778 nach einem Entwurf des Grazer Barockbaumeisters JOSEF HUEBER (1715/16-1787), der auch den Umbau ausführte. Das Erdgeschoss besitzt Gratgewölbe aus der spätgotischen Bauzeit, während der Stiegenaufgang und das Obergeschoss spätbarocke Deckenfelder aufweisen. Das in der Verbindungsmauer zum Straßenübergang eingelassene, spätgotische Korbbogen-Steintor dürfte das ursprüngliche Eingangstor des mittelalterlichen Pfarrhofs gewesen sein.
Gegenüber dem Pfarrhof befindet sich das 1682 erbaute sog. „Presshaus" oder „Kastengebäude". Es enthielt ehemals eine Presse, Kasten und Truhen für das Getreide und einen Weinkeller. Die an der Südostecke freskierte Sonnenuhr
Mit Tierkreiszeichen stammt vermutlich aus der Bauzeit. Östlich vom „Presshaus" schließen die 1865 errichteten Wirtschaftsgebäude an. Vor der abgrenzenden Mauer zum ehem. „Dorfplatz" wurde ein hölzerner Aufbau errichtet, der zwei Bronzeglocken (lt. Inschriften „1724" von Franz Anton Weier und „1771" von Martin Feltl gegossen) aus der abgebrochenen St.-Gotthardkirche (?), von der sie in die Pfarrkirche gelangten, enthält. Weil sie dem neuen Geläute nicht eingegliedert werden konnten, wurden sie 1996 aus dem Kirchturm der Pfarrkirche entfernt und im Pfarrhof aufgestellt.
Der am Fuße des Kirchhügels, an der Kreuzung St.-Veiter-Straße / St.Gotthard-Straße gelegene, kapellenartige „Bildstock" mit einer Sandsteinfigur „Maria Immaculata" wurde 1779 anstelle einer an die Pest von 1560 erinnernden Marienkapelle errichtet. Beeindruckend ist nicht nur der klassizistische architektonische Formenapparat sowie die applizierte Stuckzier, sondern auch die fast lebensgroße Marienstatue, die der Werkstatt Veit Königers zugeschrieben und um 1760 datiert wird.
Künstlerisch ebenso qualitätvoll ist die überlebensgroße Sandsteinfigur einer „Maria mit Jesuskind", die sich im Areal des „St.-Veiter-Schlössls" in der Andritzer Reichsstraße 144-146, einem markanten, schlossartigen Bau aus dem 19. Jahrhundert, befindet. Diese um 1750 zu datierende Skulptur ist aus stilkritischen Gründen dem Grazer Bildhauer Josef SCHOIKOTNIGG (1700-1755) zuzuschreiben.